Wissenschaftspraxis

Handlungsfeld

Seit jeher ist Wissenschaft dadurch charakterisiert, dass Forschungsergebnisse grundsätzlich allgemein verfügbar sind, dass die Suche nach Erkenntnis ergebnisoffen gestaltet ist und dass jedwedes Resultat kritisch hinterfragt werden muss. Durch die digitale Technologie sind diese grundlegenden Prinzipien nicht infrage gestellt. Vielmehr kann die digitale Technologie sowohl den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess selbst, seine Nachvollziehbarkeit und die allgemeine Verfügbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse in einem bislang nicht möglichen Umfang unterstützen. Dies geschieht jedoch nicht in dem Maße, in dem es möglich oder auch wünschenswert wäre. Elemente der gegenwärtigen Wissenschaftspraxis stehen dem entgegen. So stabilisieren die dominanten Reputationsmechanismen (z.B. der Indikatoren und Metriken) das subskriptions-basierte Publikationssystem und erschweren damit die Transformation in ein Open-Access-basiertes System. Weiter stellt das nahezu ausschließlich publikationsbasierte Reputationssystem keinen Anreiz für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dar, den Aufbau von neuartigen, fachspezifischen Diensten aktiv mit voran zu treiben, wie z.B. die digitale Technologie nutzende, community-basierte Begutachtungsmechanismen zu entwickeln, oder Publikationsformate zu fördern, denen die Replizierbarkeit von Forschungsergebnissen inhärent ist. In diesem Handlungsfeld sind darüber hinaus die Auswirkungen einer Wissenschaftspraxis auf das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft zu betrachten. Die Wissenschaftspraxis eigeninitiativ zu reflektieren und in Frage zu stellen – z.B. ob die vorhandenen technischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden bezogen auf wesentliche wissenschaftliche Prinzipien wie die Vermittlung der Ergebnisse nach außen, ihre kritische Überprüfbarkeit oder auch die dominanten karrierewirksamen Mechanismen – ist ein Zeichen der Reflexions-, Kritik- und Handlungsfähigkeit von Wissenschaft.

Schwerpunkte 2018 bis 2022

Der Beitrag der Allianz-Initiative zum Thema Wissenschaftspraxis kann darin bestehen, aus der Perspektive der Informationsinfrastrukturen aufzuzeigen, wie die Potenziale der Digitalisierung im Sinne der grundlegenden wissenschaftlichen Prinzipien genutzt werden können. Und umgekehrt: die Wirkungszusammenhänge aufzuzeigen, die es gegenwärtig erschweren oder verhindern, solche Potenziale zu nutzen. Dadurch sollen die wissenschaftlichen Disziplinen dabei unterstützt werden, mit der Digitalisierung zusammenhängende Teilaspekte der Wissenschaftspraxis zu reflektieren und aktiv mit zu gestalten. Das betrifft z.B. Fragen der Indikatorik: Welche Indikatoren sind geeignet, um wissenschaftliche Leistungen abzubilden? Welche Leistungsdimensionen sollen berücksichtigt werden? Es betrifft Fragen der Offenheit von Daten und Informationen: Wie stehen die verschiedenen Disziplinen zur Offenheit von Daten, Software und Publikationen? Welche Informationsinfrastrukturen sind aus Sicht der Disziplinen notwendig? Und es betrifft Fragen unerwünschter Entwicklungen: Welche ungewollten Effekte sind durch die Digitalisierung bedingt, wie kann ihnen entgegengewirkt werden? Diese Diskussionen sind nicht federführend im Rahmen der Allianz-Initiative zu organisieren, vielmehr gehören sie in den genuinen Verantwortungsbereich der wissenschaftlichen Disziplinen. Die Allianz-Initiative kann die unterstützende Funktion von Informationsinfrastrukturen aufzeigen, ebenso wie die positiven und negativen Potenziale, die durch die Digitalisierung der Wissenschaft auf die Wissenschaftspraxis einwirken.

Arbeitsgruppe

Kontakt:

  • Vorsitzender:
    stellvertretende Vorsitzende:
  • Johannes Fournier
    Gabriele Gramelsberger

Name Benannt durch
Johannes Fournier Deutsche Forschungsgemeinschaft
Sascha Friesike Deutsche Forschungsgemeinschaft
Gabriele Gramelsberger Deutsche Forschungsgemeinschaft
Peer Trilcke Deutsche Forschungsgemeinschaft
Julia Roeder Fraunhofer-Gesellschaft
Christoph Bruch Helmholtz-Gemeinschaft
Sven Rank Helmholtz-Gemeinschaft
Zuzanna Gorenstein Hochschulrektorenkonferenz
Niels Taubert Hochschulrektorenkonferenz
Lisa Kressin Leibniz-Gemeinschaft
Janna Neumann Leibniz-Gemeinschaft
Stefan Artmann Leopoldina
Constanze Breuer Leopoldina
Catherina Hofmann Max-Planck-Gesellschaft
Rainer Lange Wissenschaftsrat
Joachim E. Meier Bibliotheken der Ressortforschungseinrichtungen des Bundes (BRB) (Gast)